6. Januar 2012

Debating - more fun in the Philippines!

Silvester zu feiern mit Freunden aus aller Welt, unter Palmen und bei fast 30 Grad - kann man das noch steigern? Man kann, und zwar wenn das Ganze eingebettet ist in eine Woche voller spannender Debatten, rauschender Partys und überschwänglicher Gastfreundschaft. So geschehen bei den "De La Salle University and San Miguel Corporation World Debating Championships", kurz "DLSU Worlds" in Manila, der Hauptstadt der Philippinen.

"Take me to Manila" war das Motto der diesjährigen Weltmeisterschaft, und knapp 1.500 Debattierer aus aller Herren Länder folgten dem Aufruf - darunter auch eine Delegation aus Stuttgart, bestehend aus Andreas C. Lazar und Sven M. Hein als "Stuttgart A" sowie Nils Haneklaus und Michael Saliba als Juroren. 

Das Team "Stuttgart A" (Sven und Andreas)

Nach einer Reise, die (fast) alle von uns um ein Drittel des Globus führte, kamen wir abends am 27.12. am Ninoy Aquino International Airport in Manila an, wo wir bereits von Helfern der DLSU Worlds begrüßt wurden.
Weiter ging es mit einem Bus zu dem Hotel, in dem wir die nächsten Tage wohnen sollten - ein 5-Sterne-Koloss mit allem, was zu einem luxuriösen Aufenthalt dazugehört. Schon bei der Fahrt zum Hotel konnten wir die bunten Jeepneys bewundern, wild verzierte Sammeltaxis, die in Manila an jeder Ecke zu sehen sind.
Trotz Jetlags feierten wir noch bis in die Nacht bei der Welcome Party - der nächste Tag sah zum Glück noch keine Debatten vor, sondern nur eine "Masters"-Debatte (bei der die Juroren antreten durften) und die Jurorenschulung. Doch selbst dieser Tag war äußerst beeindruckend, fuhr man doch mit einer Polizeieskorte zur Uni (die Ampeln waren vorher extra für die Debattierer alle auf grün gestellt worden), wo man von der Uni-eigenen Blaskapelle begrüßt wurde...

Am nächsten Tag ging's dann los: Drei Tage Debatten zu den unterschiedlichsten Themen. Während das Stuttgarter Team am ersten Tag offenbar mit dem falschen Fuß aufgestanden war, ging es am zweiten Tag besser, und wir hatten nach 6 Debatten 9 Punkte. Leider verloren wir am dritten Tag dann die vorletzte Runde in einer doch recht chaotischen Debatte, weshalb wir es nicht mehr in den Break schafften. Am Ende wurden wir 56. von 156 ESL- und EFL-Teams (242. von 396 Teams insgesamt) und 52. (Sven) sowie 82. (Andreas) von 334 ESL-Rednern (354. und 412. von 792 Rednern insgesamt).
Break Night / Silvesterparty
Liefen die Debatten auch durchwachsen, war doch das Abendprogramm umso besser: Eine pompöse Welcome Ceremony (bei der u.a. Uniformierte die Flaggen der De La Salle University und der Philippinen in den Saal brachten), die Women's Night und natürlich der Höhepunkt jeder Weltmeisterschaft, die Break Night zum Jahreswechsel. "Wear something white" hieß es beim Dresscode für die Neujahrsfeierlichkeiten, und die Debattierer legten das sehr kreativ aus- von weißen Anzügen bis Bademänteln war alles dabei.

Und dann war es auch schon Mitternacht. Mit Vuvuzelas, Wunderkerzen und Debattierern von allen Kontinenten begrüßten wir - bei warmen 27 °C - das neue Jahr.

Wer es am nächsten Tag schaffte, trotz Kater früh aufzustehen, konnte den Tag bei Tagesausflügen nach Corregidor oder zum kleinsten Vulkan der Welt verbringen. Der Trip nach Corregidor zeigte uns nicht nur, wie die Philippinen außerhalb der Hauptstadt aussehen, sondern auch, wie spannend Geschichte sein kann. Die Insel an der Einfahrt zur Manila Bay war während des Zweiten Weltkriegs schwer umkämpft, und die Spuren sind bis heute sichtbar, da die ganze Insel als eine Art Freilichtmuseum fungiert.

Da wir es nicht in den Break geschafft hatten, nutzten wir die nächsten Tage, um uns Debatten anzuschauen (und uns zu überlegen, wie wir es besser machen könnten ...), und begleiteten als Zuschauer ein Team der Berlin Debating Union (Dessislava Kirova und Juliane Mendelsohn) bis ins ESL-Finale.

Im Großen Finale, welches auch aufwändig inszeniert wurde (mit Live-Orchester! Und wieder den uniformierten Fahnenträgern), standen sich dann Teams von der Monash University (Australien), Stanford University (USA), Sydney und Oxford gegenüber und debattierten das Für und Wider des Nationalismus. Eine spannende Debatte, die - wieder einmal - Monash für sich entscheiden konnte.

Beim anschließenden Final Dinner wurde schließlich der Hammer der Debattier-WM an Patrick Ehmann überreicht, denn nächstes Jahr wird die WM nicht mehr so weit weg stattfinden - sondern im nahen Berlin. Obwohl es da sicherlich keinen Pool geben wird, freuen wir uns jetzt schon auf die "Warmest Worlds Ever" (wie es im Ankündigungsvideo heißt)!

Was macht ihn nun also aus, den besonderen "Spirit of World Championships"? Zum einen, dass die Welt einem dabei sehr klein vorkommt. Zum anderen das völlige Abtauchen in eine "Debattierwelt", das einen vergessen lässt, wie verrückt es doch ist, um die halbe Erde zu fliegen, um sich mit Studenten über die Vorzüge staatlicher Krankenversicherungen zu streiten.

Es gab aber noch weitere Dinge, die diese WM außergewöhnlich machten: Zum einen der extreme Gegensatz von arm und reich, der sofort sichtbar wurde, wenn man aus einem Fenster der Uni schaute. Kinder, die fast ohne Kleidung am Straßenrand spielten, heruntergekommene Hütten, und dann aber auch das edle Hotel, das geniale Frühstücksbuffet ... Zum anderen aber auch die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gerade auch von den Organisatoren der DLSU, die dafür sorgten, dass dieses Großevent reibungslos verlief und man sich jederzeit in "guten Händen" fühlte.  Ein großer Dank an dieser Stelle an Convenor Dino de Leon und sein Organisationsteam!
Und nicht zuletzt die Motions, die von der Chefjury um Lucinda David und Sam Block zusammengestellt wurden: Sie waren zwar gewöhnungsbedürftig, und einige klassische Themenfelder fehlten ganz, aber dies hatte seinen Grund: Man sollte keinen Vorteil dadurch haben, dass man große "Fact Files" zu Standardthemen vorbereitet hatte.

Viele von uns verbrachten noch einiger Zeit nach den Worlds auf den Philippinen. Doch auch diejenigen, die sofort zurückfliegen mussten, stimmen sicherlich zu: Die weite Reise hat sich gelohnt. Auf ein Neues in Berlin 2012/13!