24. Januar 2011

Botswana Worlds 2011

Michael Saliba und Andreas Lazar als Stuttgart A, Jana Gilke und Nils Haneklaus als Stuttgart B sowie Christopher Sanchez als Juror haben vom 27. Dezember 2010 bis zum 4. Januar 2011 an der Weltmeisterschaft im Universitätsdebattieren in Gaborone, Botswana teilgenommen. Sie erzielten eine Reihe hervorragender Erfolge:
  • Stuttgart A ist Halbfinalist in Englisch als Zweitsprache (ESL)!
  • Michael Saliba ist viertbester Redner der Welt in ESL!
  • Andreas Lazar ist bester Redner der Welt in Englisch als Fremdsprache (EFL)!
  • Nils Haneklaus ist sechstbester Redner der Welt in EFL!

Christopher Sanchez, Andreas Lazar, Michael Saliba, Jana Gilke und Nils Haneklaus bei der WM (von links)
Vor dem Turnier stand die wohl weiteste Anreise, die wir je für unser Lieblingshobby unternommen haben. Nach zum Teil fast 20 Stunden in verschiedenen Flugzeugen, einem um sieben Stunden verspäteten Shuttlebus von Johannesburg in Südafrika nach Gaborone und einer anschließenden Fahrt von sechs Stunden inklusive einer Stunde Formulare ausfüllen und Stempel einsammeln an der botswanischen Grenze kamen Michael und Andreas erst um Mitternacht am 27. an der Universität von Botswana an, wo die anderen schon auf uns warteten. Leider nicht in der Lobby eines klimatisierten Hotels, wie von den Organisatoren versprochen, sondern auf der Türschwelle eines einfachen Studentenwohnheims, das für die nächste Woche unser oft lautes und heißes Quartier sein sollte. Immerhin mußten wir die erste Nacht nicht an der Grenze verbringen wie die Slowenen, denen die Zöllner nicht geglaubt hatten, dass es ein Land namens Slowenien gäbe ...

Es blieb nicht bei diesen Kuriositäten: Das Essen und die Getränke gingen oft aus, die Projektoren nicht an und die Türen zum ebenfalls versprochenen Pool nicht auf, und die Verspätungen ließen sich in Stunden zählen. Doch die sehr freundlichen Freiwilligen aus dem ganzen südlichen Afrika, die Schönheit Botswanas und Südafrikas, die einige von uns nach dem Turnier auf tollen Safaris erkundeten, und unsere schwäbisch genügsam sozialisierten Naturen halfen uns, alle Widrigkeiten zu meistern und das Turnier zu genießen.

Das fiel uns auch deswegen leicht, weil wir mit Stuttgart A einen traumhaften ersten Turniertag hatten, an dem wir zu den Themen "This house believes that national sporting teams should reflect the diversity of the national population", "This house believes that all countries should have the right to possess nuclear weapons" und "This house believes that governments should not provide benefits on the basis of marital status" acht von neun möglichen Punkten holten: Nur an den späteren Finalisten Sydney A mit Tim Mooney und Bronwyn Cowell mußten wir in der dritten Vorrunde einen Punkt abgeben. Jana und Nils holten derweil sehr gute fünf Punkte.

Am nächsten Tag, mit den Themen "This house believes that independent central banks should set limits on government spending", "This house would prioritise asylum seekers who have engaged in armed struggle against oppressive regimes" und "This house would deny teachers' unions the right to strike", ärgerten wir uns zuerst trotz der starken Konkurrenz zweier Europameisterschaftsfinalisten (Cambridge B mit Jack Watson und Harish Natarajan sowie King's Inns A mit Eoghan Casey und Patrick Rooney), nur den vierten Platz gemacht zu haben, da wir unsere Argumente durchaus besser in die Debatte hätten einbinden können, dann freuten wir uns über den zweiten Platz, und dann ärgerten wir uns wieder, eher schlechte Argumente gewählt zu haben und erneut Letzter geworden zu sein. Nils und Jana hatten währenddessen mit vier Punkten zu uns aufgeschlossen, so dass wir Kopf an Kopf in den letzten Turniertag einziehen konnten.

Nils feiert seine gute Leistung am zweiten Tag mit dem einzigartigen botswanischen Nationalgetränk
Dort lauteten die Themen "This house would require individuals to reveal their actual identity when communicating on the internet", "This house believes that the Southern African Development Community should pursue political union" und "This house believes that social movements should use the courts rather than the legislature to advance social change". Vor allem in den letzten beiden Runden taten wir uns anfangs schwer, die Fakten und den Kern der Debatten zu fassen zu kriegen, während wir hektisch in unserem Weltalmanach blätterten und uns mehr oder weniger gute Ideen für Argumente zuwarfen. Doch am Ende gewann unsere in der langen Vorbereitung für die WM erworbene Routine die Oberhand, so dass wir insgesamt fünf Punkte sammeln konnten. Stuttgart B erging es etwas schlechter, und Jana und Nils holten zwei Punkte.

Kurz nach Beginn des neuen Jahres kam der Höhepunkt der Silvesterparty: der Break. Stuttgart A hatte als drittes von 83 nichtmuttersprachlichen Teams gebreakt, Stuttgart B hatte es leider nicht geschafft. Wir waren etwas enttäuscht, nicht mit zwei Teams im Viertelfinale reden zu dürfen, doch freuten uns über den noch nie dagewesenen Erfolg eines WM-ESL-Breaks für unseren Club und feierten bis früh in den Morgen.

Nach einem Tag der Exkursionen bzw. der Entspannung mußten wir am 2. Januar zum Thema "This house believes that domestic courts should try foreign nationals who commit war crimes abroad" aus der Eröffnenden Opposition gegen den ehemaligen ESL-Europameister Leiden B (Rob Honig und Ali Al Khatib) sowie Berlin A (Bastian Laubner und Patrick Ehmann) und IIUM C (Sarah Shahriman und Sheikh Muhammad Faizal Shah) antreten, eine sehr starke Konkurrenz. Wir sprachen hauptsächlich darüber, warum Kriegsverbrechen als gemeinschaftserschütternde Taten von der Gemeinschaft selbst gesühnt werden müssen und warum es an sich keine universale Rechtsprechung geben kann. Das war genug, um neben Leiden und mit ohrenbetäubendem Jubel ins Halbfinale einzuziehen, als letztes im Wettbewerb verbleibendes deutschsprachiges Team.

Andreas spricht im ESL-Halbfinale
Im Halbfinale warteten jedoch noch härtere Brocken: die amtierenden ESL-Europameister Ljubljana A (Maja Cimerman und Filip Muki Dobranic) und ein weiteres gutes Team aus Ljubljana (Spela Kranjc und Simon Belak), die schwere Position der Eröffnenden Regierung und das Thema "This house would prefer that the children of racial minorities be adopted by parents of that race". Wir sprachen über die Bedeutung der Rasse auch in unserer heutigen Welt, die Notwendigkeit der Identifikation mit seinen Adoptiveltern, und warum Eltern der gleichen Minderheit ihren Kindern bessere Strategien zur Bewältigung von Diskriminierung vermitteln können. Doch leider war das trotz einer guten Leistung gegen diese sehr erfahrene und starke Konkurrenz nicht genug, und so war für uns und unseren Club an dieser Stelle Schluß.

Bei der Siegerehrung konnten wir dann aber wieder lachen, als wir mit unseren Rednerpokalen ausgezeichnet wurden, und wir freuten uns über die Früchte unserer Arbeit, den hervorragenden Erfolg für unseren Club, und dass nach der WM vor der WM ist. Herzlichen Glückwunsch an alle Gewinner, vielen Dank an die Organisatoren und auf Wiedersehen in Manila!